Pferdesport: Entwicklung weltweit und die größten Events

Es war eine folgenschwere Begegnung: Vor vielen Tausend Jahren trafen Mensch und Pferd aufeinander, zwei einander fremde Wesen, die mit der Zeit eine innige Verbindung eingingen. Der Mensch schwang sich auf den Pferderücken, vervielfachte damit seine eigene Geschwindigkeit und entdeckte dabei gleich mehrere neue Arten, sich zu bewegen. Aus dem praktischen Nutzen entwickelte sich der Pferdesport mit seinen vielen verschiedenen Zweigen. In Deutschland nahm er seinen eigenen Lauf und erreichte erstaunliche Höhen.

Alle Sportarten, die der Mensch gemeinsam mit dem Partner „Pferd“ ausübt, zählen zum Pferdesport. Also gehört auch der Reit- und Fahrsport mit dazu, ebenso wie die Bodenarbeit, das Voltigieren, das rasante Pferderennen und das Dressurreiten. Pferdesportwettkämpfe sind „Turniere“, sie dienen dem allseitigen Kräftemessen. Wann genau dies alles anfing, der Mensch also den flinken Vierbeiner für sich entdeckte, ist wissenschaftlich umstritten. Eine uralte orientalische Ritzzeichnung gilt als die älteste Darstellung eines Reiters, sie stammt etwa aus dem Jahr 2.800 vor Christus. Doch die meisten Forscher vertreten die Ansicht, dass mindestens seit 3.500 vor Christus der Pferderücken ins Blickfeld abenteuerlustiger Männer und Frauen geriet. Lang, lang ist’s her: Mehr als 5.500 Jahre!

Die ersten Reiter waren „schnelle Riesen“

Die ersten Reiter müssen einen enormen Eindruck auf ihr menschliches Umfeld hinterlassen haben. Sie wuchsen sozusagen zu Riesen an, bemächtigten sich vier schlanker, schneller Beine und ließen jeden Fußgänger spielend hinter sich. Das weckte sicher Ambitionen bei den staunenden Zuschauern und sorgte dafür, dass sich das Reiten weiter ausbreitete. Spätestens um 800 vor Christus war es dann soweit: Ganze Völkerscharen bewegten sich zu Pferd über die weiten Steppen Asiens und Europas und zogen so in den Kampf. „Reitervölker“ nannten sie sich, nomadisch lebende Menschen, die ihre Tiere bereits eigenhändig züchteten, statt sie ständig aus der Wildnis neu einzufangen. Vorher hatte es bereits von Pferden gezogene Streitwagen gegeben, doch die Reiter booteten die Gefährte mit Flexibilität und Geschwindigkeit aus. Skythen, Assyrer und Goten beherrschten die hohe Reitkunst bis zum Exzess und können ohne Weiteres als die Vorbilder des heutigen Pferdesports gelten.

Vom wilden Krieger zur High Society

Im heutigen Rennsport sind es keine Krieger mehr, sondern leichtgewichtige Jockeys, die aber ähnlich wie die damaligen Kämpfer förmlich mit dem Reittier verschmelzen. Jede Leistung ist das Resultat einer intensiven Zusammenarbeit, die mit keinem anderen Tier so eng verläuft wie mit dem Pferd. Scharten sich bei früheren Reiterwettkämpfen noch grölende Horden am Rand der Strecke, hat sich auch dieses Bild in modernen Zeiten stark gewandelt: Seit Langem gilt vor allem das Pferderennen als Sport der Reichen und Schönen. Die feinen Herrschaften versammeln sich jedes Jahr, um sich bei international renommierten Wettbewerben gebührend zu präsentieren. In den Kassen klingeln dabei nicht nur die Eintrittsgelder, sondern auch die Einsätze der Zuschauer, die sich am Wettgeschehen beteiligen. Live Wetten sind hier eine beliebte Neben-Aktivität, insbesondere für Leute, die mit den Funktionen dieser Sportart bestens vertraut sind. Wer die am Rennen teilnehmenden Pferde kennt, ihre Leistung zu analysieren weiß, der sichert sich eine gute Chance, Gewinne zu erzielen.

Pferderennen und Wetten gehen Hand in Hand

 

Griechische Antike: Pferdeausbildung perfektioniert

Die heutigen Rennpferde sind von klein auf perfekt ausgebildet, denn schon bei ihrer Geburt steht fest, wo die Reise hingehen soll. In historischen Zeiten jedoch war das keine Selbstverständlichkeit, erst in der griechischen Antike etablierte sich die Idee, dass das Reiten eine hohe Kunst sei, die Mensch und Tier gemeinsam erlernen müssen. Ungefähr 370 vor Christus schrieb der Reiterführer Xenophon seine Reitvorschrift nieder, die „Peri hippikes“ (übersetzt: „Über die Reitkunst“). Diese ist bis heute komplett erhalten, sie gibt vielfältige Leitlinien wieder, die auch in unseren modernen Zeiten nicht mehr wegzudenken sind. Natürlich bezog sich Xenophon auf Kriegspferde, denn Reiten galt für diesen Mann nicht als sportlicher Selbstzweck. Trotzdem ergeben sich zahlreiche Analogien, weil sich der Charakter von Pferd und Mensch in den vergangenen 2.400 Jahren kaum geändert hat. Vor allem ist es die Harmonie dieser beiden so unterschiedlichen Wesen, die der alte Pferdenarr schon damals anstrebte: „Was unter Zwang erreicht wurde, wurde ohne Verständnis erreicht“, schrieb Xenophon – und diesem Grundsatz stimmt gewiss jeder moderne Pferdefreund zu.

Ruppige Dramatik versus maximale Sicherheit

In der Antike existierten allerdings neben Xenophons Weisheit noch andere Bewegungen, die der Belustigung des Volkes und tatsächlich auch schon dem sportlichen Wettkampf dienten. Zu den 71. Olympischen Spielen im Jahr 496 vor Christus ist beispielsweise ein Stutenrennen bezeugt, und auch im späteren Römischen Reich waren Pferderennen aller Art Teil der „großen Spiele“. Man denke nur an die berühmten, ruppigen Wagenrennen, die im Filmklassiker „Ben Hur“ opulent in Szene gesetzt wurden. Hier ging es ans Eingemachte, Verletzungen an Tier und Mensch waren mit einkalkuliert, sogar erwünscht, um die Dramatik zu erhöhen. Solche Mittel sind heute zum Glück verpönt, der moderne Pferdesport setzt auf maximale Sicherheit, damit alle Teilnehmer möglichst unversehrt bleiben.

Federico Grisone, der „Vater der Reitkunst“

Im europäischen Mittelalter sorgten wiederum große Turniere für Spannung und Vergnügen. Im 13. Jahrhundert erfanden Ritter den Lanzenkampf zu Pferd, das Tjosten, eine „Sportart“, die heute noch in Filmen dargestellt wird. Auch hier herrschte alles andere als „Sicherheit“, es ging sogar darum, den Gegner möglichst zu verletzen und vom Ross zu schmeißen. Im 16. Jahrhundert besannen sich die Menschen endlich wieder auf Xenophons Reitkunst, besonders in Neapel mehrten sich die Kunstreiter, die Einfluss auf ganz Italien nahmen. Reiter-Akademien entstanden, die hohe Reitkunst gehörte zunehmend zur Ausbildung des männlichen adeligen Nachwuchses. In jenen Tagen verfasste der Neapolitaner Frederico Grisone ein weiteres berühmtes Werk über die Reitkunst, das wie zu Xenophons Zeiten den sanften Umfang mit dem sensiblen Vierbeiner empfahl. Grisone gilt noch heute als „Vater der Reitkunst“, ein wahrer Lehrmeister, dessen Stimme bis weltweit gehört wird.

19. Jahrhundert: Geburt des modernen Pferdesports

Die direkten Wurzeln des modernen Pferdesports liegen allerdings im 19. Jahrhundert, die ersten kräftigen Impulse kamen aus Irland und England. Dort interessierte sich das aufstrebende Bürgertum zunehmend für die Jagd und für Pferderennen; zur Jahrhundertwende entstanden Disziplinen wie Military, Springen und Dressur. Jetzt schwappte der Turniersport auch Richtung Deutschland: 1895 fand bei uns ein erster moderner Wettkampf statt, organisiert von der „Bayerischen Campagne-Reiter-Gesellschaft“. 1897 gründeten sportliche Berliner den „Deutschen Sportverein“, der sich in den folgenden Jahren stark für den Pferdesport engagierte. 1912 traten zum ersten Mal Reiter bei Olympia an, und zwar in den Disziplinen Jagdspringen, Dressur und Military (Vielseitigkeit). Die hohe offizielle Anerkennung sorgte für einen wahren Beliebtheits-Boost, der sich im Grunde bis heute fortsetzt.

Als „normales“ sportliches Freizeitvergnügen etablierte sich das Reiten in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg, 1973 gründete sich die „Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland“. Der Verein leistet nicht nur wertvolle Lobbyarbeit, sondern kümmert sich auch konstant darum, dass Pferde artgerecht gehalten und behandelt werden. Der größte deutsche Reiterverband ist heute die „Deutschen Reiterlichen Vereinigung“, er dient als Dachverband für alle, die dem klassischen Spring- und Dressurreiten verfallen sind.

Reiten als moderner Freizeitsport ohne Turnier-Ambitionen

 

Die bekanntesten internationalen Events

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf die bekanntesten internationalen Turniere, um das Thema abzurunden. Das Grand National gehört hier ohne Frage zuerst erwähnt, es ist das höchstdotierte Pferderennen des Vereinigten Königreichs. Entsprechend hoch fallen die Wetteinsätze sowie die möglichen Gewinne aus! Wer sich das Rennen live ansehen möchten, begibt sich am entsprechenden Sonntag im April auf die Pferderennbahn von Aintree in der Nähe von Liverpool.

Auf der anderen Seite der Erde, nämlich in Australien, hat sich der Melbourne Coup etabliert. Hierbei handelt es sich um das international höchstdotierte Langstreckenrennen, das Preisgeld liegt bei über 7 Millionen A$. Etwa die Hälfte davon erhält der Sieger, eine enorme Summe also, die nur noch vom Dubai World Cup übertroffen wird. 10 Millionen $ gelangen bei der arabischen Konkurrenz in den Topf, einen Großteil davon erhält das mindestens 3 Jahre alte Vollblut, das die Mittelstrecke über 2.000 Meter für sich entscheidet. Jedes Jahr Ende März / Anfang April ist es so weit, und das schon seit 1996.

Die inoffizielle Weltmeisterschaft im Galopprennen findet allerdings in Paris auf dem Longchamp im Bois de Boulogne statt. Der Name: Prix de l’Arc de Triomphe. Die Strecke: 2.400 Meter. Es gilt, sich den ersten Sonntag im Oktober als Termin zu merken, dann jagen die mindestens drei Jahre alten Stuten und Hengste wieder über die Bahn und machen dabei zahlreiche Zuschauer glücklich.

Wer dann noch Lust hat, besucht das Kentucky Derby, das den Beinamen „Run for the Roses“ trägt. Dieser Klassiker findet schon seit 1875 in der Stadt Louisville im US-Bundesstaat Kentucky statt. 2019 ging es immerhin um einen Preispool von 3 Millionen Dollar, darin enthalten war die Siegesprämie über 1.860.000 Dollar. Immer am ersten Samstag im Mai geht es auf die 2.012 Meter lange Bahn.

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