Foto, Video & KI: Das war das Kamera-Jahr 2022

Eine alte Fotografenweisheit besagt, dass die beste Kamera immer die ist, die man gerade in diesem Moment dabei hat. Ist man demnach durch die fotografischen Möglichkeiten seines Smartphones jederzeit bestens ausgerüstet? Handy-Kameras werden zwar immer besser und vielseitiger, können aber natürlich nicht in jeder Situation eine vollwertige Kamera mit einem guten Objektiv ersetzen. Folgerichtig hatte das Kamera-Jahr 2022 neben einem neuen Smartphone-Rekord auch weitere spannende Entwicklungen zu bieten.

Der Herbst – Die fotogenste Jahreszeit

Der Herbst ist nicht nur der Zeitraum, in dem die beiden großen deutschen Fotomessen Photopia Hamburg und Berlin Photo Week stattfinden. Er bietet mit bunten Laubhaufen, Kürbissen und nebelbedeckten Feldern auch einige ikonische Fotomotive. Darüber hinaus können Schnäppchenjäger ihre Ausrüstung durch Black Week Angebote kostengünstig erweitern.

Das Kamera-Jahr 2022

Die kürzer werdenden Tage bieten uns die Gelegenheit, auf das Jahr 2022 und die wichtigsten Trends und Entwicklungen im Kamera-Bereich zurückzublicken.

Voller Durchblick mit 360-Grad-Kameras

Eine 360-Grad-Kamera ermöglicht es je nach Ausführung, ein Sichtfeld von 360 Grad in der horizontalen Ebene oder sogar ein kugelförmiges Sichtfeld zu erfassen. Sie ist in der Regel mit zwei oder mehr Fisheye-Objektiven ausgestattet. Derartige Geräte sind auch als omnidirektionale Kameras oder VR-Kameras bekannt.

Das weltweit größte Videoportal Youtube unterstützt inzwischen von Haus aus 360-Grad-Videos. Der Betrachter kann sich also auf zwei oder drei Ebenen frei im Bild bewegen. Aufgrund der speziellen Technik sind 360-Grad-Kameras eines der wenigen Segmente im Kamera-Markt, auf dem noch Wachstumschancen bestehen.

Megapixel-Rekord bei Smartphone-Kameras

Nach wie vor kann es kein Smartphone mit digitalen Spiegelreflex-Kameras (DSLR) oder spiegellosen Kameras samt professionellen Objektiven aufnehmen. Multilens-Kameras in Smartphones werden aber immer mehr zum Standard und verringern den Abstand zu den großen Vorbildern.

Auch die technischen Daten vieler Handy-Kameras sind mehr als beeindruckend. Das Samsung Galaxy S20 Ultra 5G etwa hat eine Kamera mit 108 Megapixel-Sensor verbaut (Rekord) und bietet zusätzlich einen Digitalzoom, der 100-fache Vergrößerungen ermöglichen soll.

Kino-Feeling durch anamorphotische Objektive

Ein anamorphotisches Objektiv komprimiert den erfassten Bildausschnitt mit Hilfe verschiedener konkaver und konvexer Linsenkomponenten, um breitere Bilder erfassen zu können. Dadurch wird es zum Beispiel möglich, Videos im Widescreen-Format mit herkömmlichen Sensoren aufzunehmen.

Die Entzerrung der Videodateien in 16:9-Auflösung erfolgt nachträglich in einem dafür geeigneten Videobearbeitungsprogramm. 2022 kamen gleich mehrere anamorphotische Objektive in einer bezahlbaren Preisregion auf den Markt, die sich in erster Linie an semi-professionelle Anwender richten.

Drohnen-Kameras: Vogelperspektive in 4K

Drohnen werden immer billiger, kleiner und besser. Kein Wunder, dass eine wachsende Zahl an Video- und Fotografen mit ihnen arbeiten möchte. Die Qualität ist dank ausgeklügelter Gimbal-Systeme hervorragend und die Erstellung professioneller Inhalte einfach wie nie. Zudem können viele Menschen inzwischen wieder freier reisen, als das noch 2020 oder 2021 der Fall war.

Auch im Drohnen-Bereich geht die Entwicklung in Richtung 4K als Standard-Auflösung für Videos. Gleichzeitig werden in den neuen Modellen immer mehr Sensoren verbaut. Um unter der nach den aktuellen Drohnen-Verordnungen kritischen Grenze von 250 Gramm zu bleiben, mussten die Ingenieure bei den kompakten Modellen regelrechte Kunststücke vollbringen.

AI und weitere Entwicklungen

Auch abseits von physischen und kommerziell verfügbaren Produkten hat es 2022 im Kamera-Bereich einige spannende Entwicklungen gegeben.

AI: Künstliche Intelligenz für intelligente Kunst

DALL-E, der Nachfolger DALL-E 2 und andere neuronale Netzwerke haben 2022 für mächtig Wirbel in der Fotoszene gesorgt. Während einige Bereiche der Fotografie wie Event- oder Reportagefotografie davon erst mal nicht betroffen sein dürften, scheint es nur eine Frage der Zeit, wann zum Beispiel der komplette Stockfotografie-Markt von KI-generierten Bildern abgelöst wird.

Die Nutzung von Bildgeneratoren auf KI-Basis bieten unter anderem diese Vorteile:

  • Neuronale Netzwerke können Künstlern oder Game-Designern dabei helfen, konkrete Ideen für neue Arbeiten zu entwickeln und erste visuelle Konzepte dafür zu entwickeln
  • Bildgeneratoren können hochwertige Kunst und realistische Bilder viel schneller erzeugen als Menschen
  • Hochwertige Bilder lassen sich komplett ohne Zeichenkenntnisse oder teure Ausrüstung erstellen
  • KI-Generatoren können eine große Anzahl ähnlicher Bilder generieren – der Mensch muss lediglich noch die finale Auswahl übernehmen
  • Urheber- und Persönlichkeitsrechte sind von vornherein geklärt
  • Designer oder Fotokünstler können sich allein auf das Konzept und die Vorstellungskraft eines Bildes konzentrieren müssen keine Gedanken mehr auf technischen Aspekte verschwenden

James Webb Space Telescope – der Griff nach den Sternen

Das James Webb Space Telescope (JWST) ist ein Weltraumteleskop, das im Rahmen einer Zusammenarbeit von insgesamt 14 Ländern entwickelt wurde. Es wird gemeinsam von der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der Kanadischen Weltraumorganisation CSA und der US-Raumfahrtbehörde NASA betrieben. Das JWST bietet eine noch nie dagewesene Auflösung und Empfindlichkeit und ermöglicht ein breites Spektrum von Forschungsmöglichkeiten in den Bereichen Kosmologie und Astronomie.

Am 12. Juli 2022 wurden die ersten fünf Bilder des James Webb Space Telescopes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In Sachen Detailtreue und -klarheit konnten sie sämtliche Erwartungen bei weitem übertroffen – insbesondere im direkten Vergleich mit dem Bildmaterial des 1990 in Dienst gestellten Hubble-Weltraumteleskops.

Computational Photography

Obwohl sich die Digitalfotografie rasant entwickelt, sehen die meisten Digitalkameras immer noch aus wie analoge Kameras. Das gilt auch für die meisten Funktionen und Bedienelemente. Mit der stetigen Verbesserung der Sensoren und kamerainterner Verarbeitungssysteme werden diese Kameras jedoch allmählich Funktionen bieten, die analoge Kameramodelle nie hatten.

Dazu gehört die Möglichkeit, Fotos nach der Aufnahme neu zu fokussieren oder Ansichten zu kombinieren, die mit unterschiedlichen Kameraeinstellungen, Zielen oder Positionen aufgenommen wurden. Damit werden etwa automatisch generierte 3D-Modelle auf Basis gewöhnlicher Fotos möglich.

Smartphone-Kameras sind aufgrund ihrer Limitierungen besonders auf Neuentwicklungen im Bereich Computational Photography angewiesen. Um die Bildqualität trotz vergleichsweise winziger Linsen und Sensoren verbessern zu können, sind enorme Rechenleistungen vonnöten. Es wird zudem erwartet, dass Computational Photography auch Augmented Reality (AR) zum endgültigen Durchbruch verhelfen könnte – zum Beispiel durch AR-Anwendungen für Menschen mit Sehschwäche.

Fazit: Das Kamera-Jahr 2022

Bilder auf KI-Basis und sich ständig weiterentwickelnde Smartphone-Kameras sind wohl die beiden wichtigsten Trends des Kamera-Jahres 2022. Wer sich nicht wirklich für die Fotografie als Kunstform interessiert und nicht professionell als Fotograf arbeitet, sind Multilens-Smartphones eine einfache und gute Lösung – für das schnelle Foto zwischendurch, aber auch für etwas gehobenere Ansprüche.

Profis werden für Fotos weiterhin DSLRs mit lichtstarken Objektiven nutzen. Vor allem im Video-Bereich bieten Drohnen, Action-Cams und 360-Grad-Kameras zahlreiche spannende Anwendungsfälle, die sich zum Teil gegenseitig ergänzen.

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